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Wenn Einer Eine Reise Tut

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Benjamins Geschichte einer Wochenreise nach Wien.
6k Wörter
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Wenn einer eine Reise tut, dann hat er was zu erzählen. (Volksmund)

"Wien ist wahrlich eine Reise wert," strahlte Benjamin als er von seinem Wochentrip aus Österreich zurück kam.

Benjamin war noch nie ein Kind von Traurigkeit. Manche seiner Freunde bezeichneten ihn sogar als Schwerenöter. Eine Bezeichnung die ich zwar verstehen, wenn man aber Benjamin so wie ich kennt, nicht bestätigen kann. Zugegeben, manchmal kann Benjamin schon sehr oberflächlich sein, vor allem wenn es um Frauen geht.

Benjamin ist überhaupt nicht das, was man sich unter einen Benjamin vorstellt. Darum nennt sich Benjamin selbst auch nur Ben. Manche Freunde nennen ihn auch Benni, was ihm im Grunde mehr stört als Benjamin gerufen zu werden. Wenn man ihn allerdings Benjamin ruft, dann wäre es angebracht das "J" als "Sch" zu sprechen, als "Benschamin".

"Das klingt internationaler," hatte er mir einmal verschmitzt erklärt.

Ben ist eigentlich gelernter Koch. Nach seiner Lehrzeit in einem internationalen Hotel hat er auf einem Luxusliner angeheuert. Bereits nach der ersten Fahrt kam er darauf, dass das doch nichts für ihn war. Er schmiss den Job als Schiffskoch hin, und bewarb sich wieder in einem Hotel. Zu dieser Zeit begann Benjamin auch mit dem Training in einer asiatischen Kampfsportdisziplin. Das Training sorgte bei Benjamin nicht nur für Ausgleich, sondern auch für einen guten Körperbau. Heute ist er zwar kein Muskelprotz, aber wie man in Fitnesskreisen sagen würde, sehr gut definiert. Das, in Kombination mit seiner schwarzen Kurzhaarfrisur und den blauen Augen, die er nur dank bunter Kontaktlinsen hat, machte ihn zum Frauenschwarm.

Anfänglich war ihm das nicht aufgefallen. Nachdem Benjamin aber darauf aufmerksam gemacht wurde, begann er das nicht nur zu genießen, sondern nutzte seine Erscheinung auch für Eroberungen. Eine ernsthafte Beziehung ging Benjamin nie ein.

"Irgendwann wird es dich erwischen," sagte ich ihm.

"Nicht, wenn ich es verhindern kann," war seine eindeutige Aussage.

Benjamin liebte sein Junggesellendasein. In seinem Urlaub fuhr er quer durch Europa, und besuchte hauptsächlich Städte. Einmal fragte ich ihn aus welchem Grund er in schwüle und stinkende Städte fuhr. Ein Strandurlaub würde doch viel erholsamer sein. Im Hinblick auf Benjamins Libido wäre so ein Karibikaufenthalt auch mehr als befriedigend.

"Ein Land lernst du nur dann verstehen, wenn du die Bevölkerung kennst. In einem Clubhotel triffst du nur auf andere Touristen. Okay, du hast vielleicht schneller eine Frau im Bett, aber das Land lernst du nicht kennen. Ich will aber Länder kennen lernen. Oft sehe ich gar nicht die berühmten Sehenswürdigkeiten, dafür lerne ich Ecken kennen, in die kein Tourist kommt. Das ist mir viel wichtiger als alles andere."

Ich akzeptierte Benjamins Einstellung, auch wenn ich einen griechischen Strand anziehender finde als eine tolle Stadt. Andererseits hat Benjamin recht. Als Griechenlandfan brauchte ich fünf Jahre um mit Griechen wirklich ins Gespräch zu kommen. Diese Bekanntschaften, beschränken sich auf eine Hand voll Griechen. Und keiner hat, und wird mich, je in meiner Heimat besuchen.

Davon will ich aber nicht berichten, sondern ich will euch Benjamins Erzählung wiedergeben. Ob das Gesprochene so zu hören war, kann ich natürlich nicht sagen.

Benjamin war mit dem Abendzug am Wiener Westbahnhof angekommen. Die Zugfahrt hat ihn müder gemacht, als er sich das vorgestellt hatte. Seine Reisetasche geschultert, wühlte er sich durch die Menschenmassen am Bahnsteig. Benjamin sehnte sich schon auf eine Dusche.

'Vielleicht geht es mir dann besser.', dachte er sich.

Die Rolltreppe brachte Benjamin hinunter in die Bahnhofshalle. Durch die Glastüre konnte er schon die Taxen sehen. Glücklicherweise bekam er sofort eines der begehrten Taxen. Der Taxifahrer sah nicht sehr österreichisch aus. Das war Benjamin aber egal. Viel mehr störte es ihm, dass der Fahrer nicht hilfreich beim Gepäck war. Mürrisch warf Benjamin den Kofferraum zu, und setzte sich nach hinten in die Taxe.

"Wohin?", wollte der Osmane wissen.

"Hotel Silbermond," antwortete Benjamin.

Was nun kam hätte Benjamin nie erwartet.

"Wo Hotel?"

"Was soll das heißen, Mann? Was weiß ich wo das beschissene Hotel ist!", begann Benjamin leicht ungehalten und etwas lauter zu erwidern.

"Du schreien? Du raus!"

"Einen Dreck werde ich!", diesmal schrie Benjamin.

Der Fahrer war ausgestiegen, hatte Benjamins Reisetasche aus dem Kofferraum auf den Bordstein gestellt, und Benjamins Tür geöffnet. Kopfschüttelnd und wild gestikulierend stieg Benjamin aus. Der Osmane stieg wieder in seine Taxe, schimpfte noch und ließ den Motor aufheulen. Beim Anfahren hätte er beinahe einen Passanten übersehen. Die Menge, die rundherum stand starrte Benjamin an.

"Wo soll's denn hingehen?", fragte ein grauhaariger Mann mit einem Lächeln.

"Hotel Silbermond," antwortete Benjamin.

"Na kommen s'. Ich weiß wo es ist."

Bevor Benjamin noch etwas sagen konnte schnappte sich der Mann die Reisetasche und ging zu einer Taxe, die ganz am Ende der Schlange stand.

"Sie werden sich aber bei den Kollegen nicht beliebt machen," meinte Benjamin etwas verblüfft.

"Ach, das ist schon lange vorbei," antwortete der Fahrer, "Früher war es besser. Die Fuhr bekam der, der Vorne stand. Heute wissen neunzig Prozent der Taxler gar nicht wie sie in einen anderen Bezirk kommen."

Am Wagen angekommen stellte der Taxifahrer die Tasche in den Kofferraum und hielt Benjamin die Tür auf.

"Da fällt mir ein, dass wir in Wien zwei Silbermonde haben. Haben sie etwas mehr, als nur den Namen?"

"Moment," Benjamin kramte in seiner Hosentasche ein Prospekt hervor, und gab ihn dem Fahrer.

Er warf einen Blick darauf, startete den Motor und die Fahrt ging los. Während der Fahrt erfuhr Benjamin, dass immer mehr Türken, Ägypter und Schwarzafrikaner (der Taxifahrer verwendete ein Wort mit B) als Taxifahrer unterwegs waren. Das Gewerbe würde dadurch auch nicht einfacher werden. Benjamin hatte kein großes Interesse an dem Gespräch, war aber höflich genug zuzuhören.

Die Fahrt dauerte nur fünfundzwanzig Minuten, dann waren sie in einem Wiener Randbezirk angekommen.

"In ruhiger zentraler Lage habe ich mir auch anders vorgestellt," stellte Benjamin fest als sie auf den Parkplatz des Hotels fuhren.

"Wien ist anders. Visavis ist aber gleich die Bim, da sind sie schnell in der Stadt."

"Bim?"

"Straßenbahn," lächelte der Fahrer.

Benjamin bezahlte den Fahrpreis und wurde vom Fahrer, der sich wieder als Gepäckträger profilierte, zur Rezeption gebracht. Der Fahrer verabschiedete sich von Benjamin und verließ das Hotel. Benjamin sah ihm ungläubig nach.

"Sie sind bestimmt Herr Benjamin," wurde er von einer dicken Rezeptionistin begrüßt. In den nächsten fünf Minuten erfuhr Benjamin die Frühstückszeiten, füllte ein Formular aus.

"Sollten sie nach Mitternacht nach Haus kommen, dann tippen sie ihre Zimmernummer, gefolgt von ihrem Geburtsjahr und Geburtsmonat in die Zutrittskontrolle am Eingang," sagte die Rezeptionistin und händigte Benjamin den Zimmerschlüssel aus.

Benjamin war hundemüde. Das Zimmer war zweckmäßig. Ein Doppelbett, zwei Nachtkästchen, ein Kasten, ein Tisch mit zwei Stühlen und Fernseher, mehr war nicht im Zimmer. Im kleinen Vorraum ging noch eine Türe ins Bad mit Toilette. Ein kleiner Balkon war auch noch Bestandteil des Zimmerangebots, was Benjamin im Moment gar nicht interessierte. Er packte seine Tasche aus, und schlichtete den Inhalt in den Kasten. Dann nahm er eine Dusche und ging schlafen.

Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Benjamin am nächsten Morgen erwachte. Das Frühstück hatte er verschlafen. Trotzdem war Benjamin guter Dinge. Die Nachtruhe hatte ihm gut getan. Frisch geduscht schlüpfte er in seine helle Sommerhose, zog sich ein T-Shirt über und ging einmal hinunter in die Lobby. Obwohl schon die Frühstückszeit überschritten war bekam er trotzdem noch Kaffee, Brötchen und Marmelade, wie die Österreicher zur Konfitüre sagten. Er war der einzige Gast im Frühstücksraum, aber an den Gedecken konnte er erkennen, dass das Hotel doch sehr gut besucht sein dürfte.

Nach dem Frühstück holte sich Benjamin noch Geld aus dem Zimmer, gab den Schlüssel an der Rezeption ab und verließ das Hotel. Seinem Sättigungsgrad nach brauchte es kein Mittagessen und für den Abend hatte er ein Pizzeria neben dem Hotel gesehen. In der Straßenbahn erlebte Benjamin gleich wieder eine unangenehme Situation. Der Ticketautomat nahm nur Münzen an, und Benjamin hatte keine. Der Straßenbahnfahrer war nicht willens, Benjamin die Banknote zu wechseln. Erst eine alte Dame wechselte ihm den Zehner.

"Junger Mann, in der Trafik gibt's die Fahrscheine billiger," erklärte sie ihm.

"Danke."

Benjamin hatte keine Ahnung was eine Trafik war. Bei der U-Bahn sah er einen Ticketschalter, und er kaufte sich eine Wochenkarte. Sein heutiges Ziel, die City hatte er bald erreicht. Den ganzen Tag sah sich Benjamin in der Altstadt um. In einer Seitengasse blieb Benjamin vor der Auslage eines Trödelladens stehen. Er staunte nicht schlecht über die alten Teile die da vor ihm lagen. Während er darüber sinnierte was die Leute damit wohl früher gemacht hatten, bekam er das Gefühl beobachtet zu werden.

Benjamin sah hoch und blickte in das Spiegelbild einer Frau, die neben ihm stand. Er lächelte sie an, aber sie sah nur ertappt weg. Benjamin ging weg, nachdem keine Reaktion der Frau kam. Nach einigen Schritten er sah er sich noch einmal um, aber es stand niemand mehr vor der Auslage. Benjamin wurde durstig, also entschloss er sich für einen Besuch eines der Straßencafes.

Die Innenstadt schien überhaupt ein Straßencafe zu sein. Oft standen die Tische von zwei oder drei Kaffeehäusern neben einander. Lediglich am Design der Tische, Stühle und Sonnenschirme konnte man sehen, dass es sich um verschiedene Reviere handeln musste. Benjamin war das Lokal egal. Er ging die breite Straße in Richtung Dom, und sah mehrere freie Plätze. Benjamin wählte einen kleinen Tisch direkt an der Straße, damit er bequem die Leute und deren Verhalten studieren konnte.

"Zum Trinken?", fragte ihm eine gehetzte Stimme, kaum dass Benjamin Platz genommen hatte.

Benjamin fühlte sich etwas überrumpelt. Auf seine Bitte hin bekam er die Karte. Zwei Seiten listeten nur Kaffee auf, und Benjamin wusste erst wieder nicht was er bestellen sollte. Die Kellnerin wirkte auch etwas ungeduldig, was Benjamins Entschlussfreudigkeit auch nicht förderte.

"Ich würde ihnen den Häferlkaffee empfehlen," sagte eine angenehm klingende Stimme hinter Benjamin.

Als er sich umdrehte, sah er in das Gesicht des Mädchens, dass beim Trödelladen neben ihm stand. Sie zwinkerte ihm zu und bestellte sich selbst einen Häferlkaffee.

"Stört es?", fragte sie und setzte sich zu Benjamin an den Tisch.

"Bitte," Benjamin war noch immer sprachlos. Die Situation brachte ihn ein wenig durcheinander.

"Haben wir uns nicht vorher bei der Auslage des Trödelladens gesehen?", begann Benjamin.

Sein Gegenüber nickte, und ihr schwarze Pferdeschwanz wippte. Wenn sich Benjamin nicht täuschte, dann schimmerte ihr Haar in einem sehr dunklen blau. Sagen konnte sie im Augenblick nicht, weil sie ihre Sonnenbrille mit ihren vollen Lippen hielt. Nachdem sie die kleine Aktentasche verstaut hatte, machte sie noch den Knopf ihres schwarzen Nadelstreifblazers auf, und nahm den Bügel der Sonnenbrille aus dem Mund. Als sie die Brille auf den Kopf setzte, klappte der Blazer etwas weiter auf. Entzückt stellte Benjamin fest, dass sie ein transparentes Oberteil in weiß trug. Darunter trug sie einen hübschen roten Spitzenbüstenhalter, der gut gefüllt war.

"Angelika," stellte sie sich vor, und zog den Blazer wieder zu.

"Ben."

"Bist du geschäftlich in Wien, Ben?"

"Nein. Ich mache Urlaub. Ist so eine fixe Idee von mir."

Die Kellnerin brachte zwei kleine Silbertabletts mit einem Glas Wasser und dem Kaffee.

"Verzeihung, ich habe kein Wasser bestellt," wollte Benjamin die Kellnerin auf den Irrtum hinweisen.

Das löste zwei Dinge aus. Angelika bekam einen Heiterkeitsausbruch, und die Kellnerin starrte Benjamin fast schon erbost aus.

"Schon in Ordnung," sagte Angelika und wischte sich eine imaginäre Träne aus dem Augenwinkel.

"In Wien wird in einem guten Kaffeehaus immer Wasser zum Kaffee serviert," klärte sie Benjamin auf, "Das ist Teil der Wiener Kaffeehaustradition. Bei euch in Deutschland ist das ja anscheinend nicht so."

"Nee, da kannst du Sprudel extra bestellen. Jetzt habe ich mich wohl blamiert, oder?"

"Halb so wild. Die Kellner werden damit bestimmt fertig werden."

"Was machst du? Dein Outfit ist sieht zwar sexy, aber doch sehr nach Job aus."

"Danke," ihre dunkelbraunen Augen bekamen einen verlegenen Ausdruck, "Ich bin Bankangestellte."

"Klingt ja nicht als ob es dein Traumjob wäre."

"Ach, es wird gut bezahlt. Manchmal kann ich mir andere Jobs vorstellen."

Langsam rührte sie in ihrer Tasse. Benjamin konnte keine verdächtigen Ringe an ihren schlanken Fingern entdecken. Angelikas lange Fingernägel waren bunt lackiert und perfekt manikürt.

Irgendwann im Laufe des Gesprächs mit Angelika fasste sich Benjamin ein Herz, und berührte, fast wie zufällig Angelikas Finger. Für Benjamin war dieser Augenblick immer der spannendste. Er bezeichnete es als Gefühlsbarometer, denn die Reaktion einer Frau zeigte ihm immer was er zu erwarten hatte. Zuckt die Hand gleich außer Reichweite, dann hatte er keine Chance. Bleibt die Hand liegen, dann kann das zwei Gründe haben. Sie will mehr, oder sie will doch nichts. Wird die Hand aber aktiv, dann hat er einen Volltreffer gelandet.

Angelikas Hand blieb liegen, und ihre Augen leuchteten.

"Wie viele Länder hast du als Schiffskoch bereist?"

"Bereist kling gut," seufzte Benjamin, "Ich war in zwanzig Länder. Gesehen habe ich aber nur die Häfen. Schiffskoch zu sein klingt romantischer als es ist. Die Kombüse liegt unter Wasser, ist stickig und du bist einer von fünfzig die in der heißen Küche steht. Wenn du nicht gerade in deiner Koje pennen kannst, hast du Dienst. Glaub' mir, bevor du an Land gehst, legst du dich lieber aufs Ohr."

"Irgendwie ist das schade," sagte sie verträumt. Angelikas Finger glitten über Benjamins Handrücken, was bei ihm das Herz vor Glück springen ließ.

"Wo wohnst du eigentlich?", fragte Angelika interessiert.

"Im Hotel Silbermond."

"Eigentlich wollte ich wissen wo du deine Wurzeln hast."

"Verzeihung, ich wohne in einem Vorort von Düsseldorf. Und du?"

Angelika biss sich auf die Unterlippe, was sehr erotisch wirkte.

"Zehn Minuten von hier, wenn man langsam geht," hauchte sie.

Plötzlich wurden beide aus den Gedanken gerissen. Die Kellnerin wollte kassieren. Benjamin übernahm die Rechnung.

"Das nächste Mal bezahle ich," sagte Angelika lächelnd.

Benjamins Puls erhöhte sich bei dieser Aussage. 'Volltreffer', dachte er still. Laut sagte er:

"Wenn du schnell genug bist."

Als Angelika aufstand, ließ Benjamin seinen Blick über ihren Körper gleiten. Sie war schlank, das konnte er sehen, mehr aber nicht. Benjamin wollte ihre kleine Aktentasche tragen, aber Angelika ließ das nicht zu.

"Das geht schon," sagte sie. Ihr Blazer war wieder korrekt zu geknöpft, was Benjamin bedauerte. Zu gern hätte er noch einmal einen Blick durch das Oberteil geworfen. Erst jetzt sah er Angelikas Schuhe. Es waren hohe Stillethos, und die Nadelstreifhose die sie trug verbargen die hohen Absätze.

Langsam spazierten sie vom Dom aus in die entgegen gesetzte Richtung. Benjamin legte einen Arm um ihre schlanke Hüfte. Angelika ließ sich das nicht nur gefallen, sondern tat es ihm gleich. So nah neben einander roch er Angelikas blumiges Parfum. Sein Deo war schon verflogen. Immer wenn ihnen jemand entgegen kam, schmiegte sich Angelika fest an Benjamin, was ihm gefiel.

Angelika erzählte ihm in der Zwischenzeit kleine Geschichten zu den verschiedenen Häusern. Anscheinend hatte jedes Haus in der Innenstadt seine Legende.

"Ich habe morgen frei. Falls es dich interessiert könnten wir an einem Stadtspaziergang teilnehmen. Dort erfährt man allerlei Geschichten. Ich besuche manchmal diese Spaziergänge, und so erfährst du bestimmt mehr über Wien, als beim Sightseeing," meinte Angelika.

"Das können wir gerne machen."

Vor einem breiten Doppeltor aus grün gestrichenem Holz blieb Angelika stehen. Benjamin wusste sofort, dass jetzt ein entscheidender Augenblick kam. Sie drehte sich zu Benjamin und sah tief in seine blauen Augen. Benjamin sah das Glänzen in Angelikas Blick. Eine Haarsträhne fiel in ihr ovales Gesicht. Benjamin strich es ihr sanft hinter das Ohr. Ihre Lippen zuckten leicht. Benjamin näherte sein Gesicht. Ihre Nasenspitzen berührten sich und dann trafen sich ihren Lippen zu einem zärtlichen Kuss.

Benjamin fühlte das Pochen ihres Halses auf seiner Hand. Sie war nervös.

"Ich..," begann sie, "bin nicht gut in solchen Dingen."

Angelika wirkte wie in einem Zwiespalt der unüberwindlich schien. Benjamin wartete mit geduldigem Blick in ihren dunkelbraunen Augen. Erst jetzt nahm er Angelikas dichte Augenbrauen war, die ihr Gesicht so anziehend, sinnlich und irgendwie rassig machten. Ein plötzlicher Gedankenblitz von behaarten Armen und Beinen durchzuckten sein Hirn. Dank seiner Kontaktlinsen konnte Angelika die schnelle Veränderung seiner Pupillen nicht sehen, die sich ganz kurz weiteten.

"Komm mit," forderte sie Benjamin mit fast schon flehenden Blick an.

Benjamin lächelt sie an:

"Gern. Wenn du das möchtest."

Angelikas Stillethos klackerten auf dem Fliesenboden des Hausflurs. Die Luft roch alt und irgendwie muffig, allerdings nicht unangenehm. Im Hausflur war es angenehm kühl. Angelika führte ihn an der Hand. Eine geschwungene Steintreppe führte in den ersten Stock. Das Geländer war aus kunstvoll geschwungenen Schmiedeisenteilen, mit einem abgegriffenen Holzlauf. Angelika blickte am Treppenabsatz nach links. Benjamin folgte ihrem Blick. Der Flur war leer. Türen führten auf der einen Seite ohne Zweifel in Wohnungen. Es waren hohe Doppelflügeltüren mit Glaseinsätzen. Die Türen auf der anderen Seite, kleine einfache Holztüren gaben Benjamin noch Rätsel auf. Belustigend fand er die Waschbecken aus Gusseisen. Da er bemerkte, dass Angelika jeden Lärm so weit es ging zu vermeiden, fragte er auch nicht. Im dritten Stock gab es nur zwei Türen und Angelika steuerte auf die erste zu. In der Zwischenzeit hatte sie den Schlüssel aus der Aktentasche hervor gekramt.

Die Diele war klein. Licht fiel vom Flur kaum herein. Auf der linken Seite befand sich eine Garderobe. An den grün gestrichenen Wänden hangen allerlei Staubfänger, wie sie nur eine Frau aufhängen konnte. Angelika schlüpfte aus den Schuhen. Benjamin tat es ihr unaufgefordert nach. Angelika führte ihn durch die raumhohe Doppelflügeltür aus dunklem Edelholz. Die Messinggriffe der Türen unterstrichen das edle Design.

Benjamin war sprachlos. Er hatte sich zwar eine schöne Wohnung erwartet, aber eine solche Prunkbude wie Angelikas Domizil überraschte ihn doch. Der Boden bestand aus glänzendem Edelparkett. Der Wohnraum alleine hatte fast hundert Quadratmeter. Ein offener Kamin war der Blickfang schlecht hin. Vor dem Kamin lag kein Parkett. Der Boden bestand dort aus einem Harz. Weiter hinten im Raum war die offene Küche. Dort lagen wieder Bodenfliesen, die anscheinend direkt auf die Terrasse führte. Vor dem Kamin, der sich so ziemlich in der Mitte der Wand befand stand eine große Ledercouch. Das Parkett führte hinter der Couch zu einem weiteren Zimmer.

Benjamin vermutete einmal das Schlafzimmer dahinter. Von der Küche aus gab es noch eine kleine unscheinbare Tür. Angelika sagte ihm, dass dort Bad und Toilette seien.

"Wenn du dich frisch machen willst. Handtücher liegen im Regal. Ich bin gleich wieder da."

Angelika schlüpfte durch die zweite Doppelflügeltür. Benjamin nutzt die Gelegenheit und machte sich frisch. Das Badezimmer war in der Tat ein Zimmer. Dunkelblaue Hochglanzfliesen an Wänden und am Boden. In der einen Ecke eine riesige Badewanne, in der locker vier Erwachsene Platz hätten. Eine gläserne Duschkabine im Schneckendesign. Benjamin erkannte die Dusche, die eine Mailänder Firma auf Bestellung produzierte. Benjamin wollte auch einmal ein solches Teil, aber der Preis überzeugte ihn, dass es eine einfache Dusche auch tat. Diese Dusche war aber noch edler, denn es gab keine Duschtasse. Sie stand direkt am Fliesenboden.

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